Was sind seltene Erkrankungen

Seltene Erkrankungen sind gar nicht so selten: Es gibt derzeit geschätzte 30 Millionen Betroffene in Europa und 300 Millionen weltweit – das sind 3,5 % - 5,9 % der Weltbevölkerung.

Eine Erkrankung wird in der Europäischen Union als selten eingestuft, wenn sie weniger als 1 Person von 2.000 betrifft.

Rund 30.000 Krankheiten sind weltweit bekannt, davon wurden bis heute über 6.000 verschiedene seltene Erkrankungen identifiziert. Diese werden unter dem Begriff Orphan Diseases oft auch als Waisenkinder der Medizin bezeichnet. Das Online-Portal Orphanet bietet diesbezüglich einen guten Überblick.

72 % der seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt. Andere entwickeln sich als Folge von Infektionen (bakteriell oder viral), Allergien und umweltbedingten Ursachen.

70 % der genetisch bedingten seltenen Erkrankungen beginnen im Kindesalter.

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Was heißt das für die Betroffenen?

Cystische Fibrose, Epidermolysis bullosa, Angelman Syndrom, Primäre Immundefekte, Mukopolysaccharidosen, Lungenhochdruck ­– jede Erkrankung für sich tritt so selten auf, dass praktische Ärzt:innen höchstens einmal im Jahr damit zu tun hat. Für Patient:innen bedeutet dies oft einen langen Leidensweg. Allein bis zur richtigen Diagnose vergehen im Schnitt etwa fünf Jahre, in denen betroffene Personen zu verschiedenen fachärztlichen Angeboten pilgern, lange keine oder falsche Diagnosen bzw. Therapien erhalten, oft auf Unverständnis stoßen und nicht selten als Hypochonder abgestempelt werden.

Seltene Erkrankungen zeigen sich durch vielfältige Symptomen und Anzeichen. Diese unterscheiden sich von Erkrankung zu Erkrankung und auch bei Betroffenen mit der gleichen Erkrankung.  Aufgrund der geringen Häufigkeit jeder einzelnen Erkrankung sind medizinisches Expert:innenwissen, Versorgungsangebot und Forschung begrenzt. Nicht nur die Erkrankung an sich, sondern auch die die Versorgungssituation wirken sich auf alle Lebensbereiche der betroffenen Menschen ebenso wie auf die Familien, Freunde, Betreuungspersonen und die Gesellschaft als Ganzes aus.

Wegen des unzureichend vorhandenen medizinischen Wissens übernehmen Betroffene selbst vielfach die Rolle als Expert:innen – indem sie weltweit nach aktueller Information suchen, den Verlauf klinischer Studien verfolgen und sich in Selbsthilfegruppen und Patient:innenorganisationen organisieren und vernetzen. Allein in Österreich existieren rund 120 dieser Gruppierungen, deren Mitglieder mit großem Engagement Information, Beratung und Hilfe für Betroffene bieten.

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Problemstellungen seltener Krankheiten

Die Diagnose stellt oft nur die erste Hürde dar: Weil es keinen dauerhaften rechtlichen Status für Betroffene gibt, müssen sie regelmäßig zu amtsärztlichen Untersuchungen erscheinen. Die vorhandenen Therapien sind teuer und selten, geringe Patient:innenzahlen äußern sich in hohen Behandlungskosten. Die Kompetenzzentren, in denen sie angeboten werden, sind dünn gesät, Anfahrtswege von mehreren Stunden sind keine Seltenheit. Ein normales Leben mit sozialem Umfeld und Erwerbstätigkeit ist in vielen Fällen nicht möglich.

Und dies setzt immerhin voraus, dass es tatsächlich Therapien gibt: Aus wirtschaftlichen Gründen investieren Pharmaunternehmen bisher nur mäßig in Erforschung und Entwicklung der sogenannten „orphan drugs“ – verwaiste Medikamente. Hier ist die Politik gefordert mit Anreizen und Erleichterungen die Entwicklung und die Zulassung voranzutreiben. Tatsächlich haben verschiedene Staaten bereits Gesetze erlassen, um die Erforschung von „orphan drugs“ zu fördern. Auch auf Ebene der Europäischen Union gibt es Anstrengungen, gemeinsam grenzüberschreitende Strategien zu entwickeln und Synergieeffekte zu nutzen.

Seltene Erkrankungen in Österreich

Der "Nationale Aktionsplan für seltene Erkrankungen (NAP.se)" basiert auf den Ergebnissen der Studie "Seltene Erkrankungen in Österreich" von Assoc. Prof. Priv. Doz. Dr. Till Voigtländer aus dem Jahr 2012.

Ziel dieser empirischen Erhebung war es, die Problemlagen, d. h. die Situation und individuelle Sichtweise der direkt Betroffenen sowie der beruflich mit der Thematik befassten Personen und Institutionen, in vier Themenbereichen ­– öffentliches Bewusstsein, Versorgungssituation, Diagnostik und Therapie sowie Forschungslandschaft - zu erfassen und Hinweise auf mögliche Lücken im Versorgungssystem zu identifizieren. Zusätzlich wurden Meinungstendenzen und Prioritäten für mögliche Lösungsszenarien/Maßnahmen erarbeitet, die schließlich in den NAP.se einflossen.

Pro Rare Austria befasst sich laufend mit der Umsetzung dieser Maßnahmen. Weitere hilfreiche Informationen dazu, sowie einen Überblick der wichtigsten Themen finden Sie in den Pro Rare Papers, unter Diagnose & Behandlung, sowie Leben mit einer seltenen Krankheit:

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